„Brüssel plant“, „Brüssel verurteilt“, „Brüssel entscheidet…“ und „Brüssel genehmigt…“. Als Synonym für die EU ist die Belgische Hauptstadt omnipräsent und greift, so scheint es, täglich in die Leben von Millionen Europäern ein. Brüssel ist dabei als abstrakter Begriff zugleich Sinnbild für die Europäische Idee von Frieden, Freiheit, Demokratie, Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit und ein Feindbild für all jene, die in starken Nationalstaaten die Antworten auf die drängenden Fragen der Gegenwart sehen.
Paula Leal Olloquis Arbeit „Europe from below“ macht sich in Brüssel auf die Suche nach den Spuren der Macht, von der wir täglich hören. Ausgangspunkt für die Collagen sind Fotos, aufgenommen im Europäischen Viertel in Brüssel, in dem sich zahlreiche EU-Institutionen wie das Europäische Parlament, der Europäische Rat und die EU Kommission befinden. Bei gleichzeitiger Entrücktheit und Abstraktion, aber auch Omnipräsenz und dem Gefühl des Eingriffs in die kleinsten Lebensbereiche, sind die Institutionen der Europäischen Union am Ende hier schlicht Orte, denen sich die Künstlerin nähert, in dem sie sie als solche betrachtet.
Die Fassaden der Verwaltungsgebäude wirken wie eine undurchdringliche Wand, doch hier und da zeigt sich eine Tiefe und Durchlässigkeit, die davon zeugt, dass Europa die heterogene Summe der Menschen ist, die den Kontinent bevölkern. „The Future Is Europe“ heißt es da hoffnungsvoll von den Fassaden und „Transforming Europe from below“. „Wir verbrennen alles!“ hat jemand ein paar Meter weiter gesprüht. In den Oberflächen des Viertels spiegeln sich die einzigartige Errungenschaft des geeinten Europa – genauso wie die Exklusivität des europäischen Lebensstandards. Der Wunsch nach einem dauerhaft friedlichen Zusammenleben und auf jahrhundertelanger Unterdrückung und Ausbeutung aufgebaute Privilegien.
Und wir, die wir in jedem Moment unmittelbar Teil davon sind.
Paula Leal Olloqui, geboren 1984 in Madrid, lebt und arbeitet in München.